Newsletter Medienkompetenz-Symposium – September 2021

Liebe Leserinnen und Leser,

zum Start des neuen Schuljahres informieren wir Sie im Medienkompetenz-Newsletter über neue Materialien, Angebote und Studien zur Medienkompetenz.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und weiterhin viel Erfolg bei Ihren Medienkompetenz-Aktivitäten!

Ihr OSM-Team

Nebenwirkungen der Coronapandemie – Das digitale Armageddon für unsere Schüler:innen?

Ein Gastbeitrag von Felix Ebner (Co-Autor von: Soziale Medien, digitale Daten und ihre Auswirkungen auf den einzelnen Menschen | DiDaT-Weißbuch)

Gute Lehre kommt von guten Lehrenden – aber ohne Lehrmittel wird es schnell schwer. In (hoffentlich) vergangenen Zeiten sozialer Distanz gehörten dazu natürlich digitale Lehrmittel, über welche in den Corona-Monaten viel diskutiert, geschrieben und gestritten wurde. Tausende von hoch qualifizierten und motivierten Lehrer:innen haben die Herausforderung angenommen, den Unterricht für jeden Fall des Präsenz-, Fern- oder Wechselunterrichts zu gewährleisten und das teilweise ohne Vorlaufzeit – zum Beispiel bei Quarantänefällen. Doch was hat das digitale Lernen in Kombination mit den sonstigen Einschränkungen des alltäglichen Lebens mit unseren Schüler:innen gemacht? Stehen sie kurz vor dem digitalen Armageddon?

Gemeinsam mit meinen Kolleg:innen habe ich die gesamte Pandemie-Zeit hindurch Kontakt gehalten mit Lehrkräften, Eltern und Schüler:innen in ganz Deutschland. Auch hatte ich die Möglichkeit dank der abflauenden Pandemie-Situation im Juni und Juli nochmals eine Vielzahl an Schulklassen zu besuchen und Workshops mit jungen Menschen durchzuführen. Aufgrund dessen habe ich folgendes Grundproblem identifiziert: Die Schüler:innen wurden in die digitalen Medien gezwungen. Gerade der Neueinstieg junger Mediennutzer fand noch früher und dann zusätzlich intensiver statt. Wie sah ein durchschnittlicher Tag für unsere Schüler:innen aus? Online-Unterricht am Vormittag und die Freunde kann ich auch nur digital sehen. Hinzu kommt noch, dass Fußballtraining und sonstige Freizeitaktivitäten fehlen und dann ebenfalls digital, zum Beispiel durch diverse App-Spiele auf dem Smartphone, kompensiert werden. Meine größte daraus resultierende Sorge ist – neben den ausufernden Nutzungszeiten, dass institutionalisierte Hilfsangebote bei Problemen wie die Schulsozialarbeit, Jugendhäuser oder auch Jugendtrainer:innen einfach weggefallen sind oder diese noch schwerer erreichbar waren. Das Problem wurde teilweise noch zusätzlich verstärkt, da viele Sozialarbeiter:innen in kommunalen Einrichtungen in der Pandemie sogar in Kurzarbeit waren. Erlebten die Schüler:innen zum Beispiel Mobbing oder erhielten sonstige problematische Inhalte, fehlte ihnen schlicht die Anlaufstelle. Darüber hinaus fehlte auch die häufig in der Schule angesiedelte Grundausbildung im Bereich Medien sowie das regelmäßige kritische und reflektierte Besprechen der Nutzung digitaler Medien.

Wir müssen uns eines ganz klar machen: Trotz aller Unkenrufe hapert es ohne die Schulen ganz gewaltig in der Medienkompetenz. Wird der Vorschub, den die Corona-Pandemie in der Digitalisierung der Schülerinnen und Schüler gebracht hat, nicht im neuen Schuljahr aufgearbeitet und medienpädagogisch betrachtet, werden sich die bereits bekannten Probleme noch weiter verstärken. Insbesondere die jungen, wenig medienkompetenten Einsteiger:innen werden durch ihre fehlende Grundausbildung viele vermeidbare Fehler machen und sich dadurch in Schwierigkeiten und unangenehme Situationen bringen. Aber auch den bereits erfahreneren Schüler:innen mangelt es häufig an altersgerechter Ausbildung zum Beispiel im Bereich Medienethik oder Fake News. Um dieses digitale Armageddon abzuwenden, benötigen wir eine medienpädagogische Kraftanstrengung, die nur mit und in der Schule gelingen kann.

Es gibt eine Vielzahl von guten Angeboten, die Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter:innen und Eltern nutzen können. Zum Beispiel die Sammlung an Unterrichtseinheiten sowie Lehr- und Infomaterial bei klicksafe.de und handysektor.de. Oder vielfältige digitale Hilfsangebote wie fragzebra.de und juuuport.de. Auch zielgerichtet für Eltern git es Anlaufstellen, z. B. medien-kindersicher.de um digitale Medien kindersicher einzurichten. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Expert:innen für Medienkompetenz, die als externe Fachkräfte in das Medienkompetenz-Curriculum in der Schule eingebunden werden können. Exemplarisch hat das Team von mecodia-medienkompetenz.de eine Vielzahl an Workshop-Angeboten in Präsenz und digital speziell für die aktuellen Gegebenheiten geschaffen und bietet diese Schulen in ganz Deutschland an.

Diese Angebote müssen nun aber auch in den Einsatz kommen. Wir dürfen nicht den Fehler machen, begleitende Faktoren des Schulalltags komplett außer Acht zu lassen, nur um den verpassten Lehrstoff aufholen zu wollen. Die Medienkompetenz hat eben nicht nur Auswirkungen auf das soziale Gefüge zwischen den Schüler:innen, sondern ist auch Grundvoraussetzung für die Einführung von zukünftigen, digitalen Lehrmethoden aber auch der Teilhabe an einer immer digitaleren, demokratischen Gesellschaft.

Digitale Erste Hilfe mit Handysektor – Kostenfreie Multiplikatoren-Schulungen in Baden-Württemberg

Zum neuen Schuljahr können sich Schulen in Baden-Württemberg erneut für das Medienkompetenz-Workshopangebot Digitale Erste Hilfe mit Handysektor anmelden: Im Rahmen eines Projekttags qualifizieren die Referent:innen des Informationsangebots Schülerinnen und Schüler zu Digitalen Ersthelfer:innen, um sich als Multiplikator:innen an Ihrer Schule zu engagieren. Zusätzlich gibt es auch ein Fortbildungsangebot für Lehrkräfte.

Der Schulungstag wird im Rahmen der Initiative Kindermedienland durch das Staatsministerium Baden-Württemberg finanziert und ist für teilnehmende Schulen kostenfrei. Die Plätze sind begrenzt. Die Schulungen werden von den Medienexpertinnen und -experten des Informationsportals www.handysektor.de durchgeführt, welches ein Angebot der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg ist.

Ein Schulungstag besteht aus einem Angebot für bis zu 15 Schüler:innen ab der siebten Klasse (1. – 6. Schulstunde), die idealerweise bereits eine Ansprechpartner- und Multiplikatorenrolle haben, also interessierte Klassensprecher:innen, Streitschlichter:innen, Tutor:innen sowie Schülerinnen und Schüler, die ihre Medienkompetenz erweitern wollen. 

Der Projekttag wird durch eine 90-minütige Fortbildung für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter ergänzt. Entweder kann die gesamte Lehrerschaft im Rahmen einer Fortbildung oder der Gesamtlehrerkonferenz geschult werden, oder aber kleine Multiplikatorenteams (z. B. Fachschaftsvertreter:innen, Verbindungslehrer:innen, Schulsozialarbeiter:innen, etc.).

Interessierte Schulen können aus den beiden folgenden Schwerpunkten wählen: 

  1. Schulung 1: Digital Well-Being – Mit gutem Gefühl durch den digitalen Alltag
    Schluss mit Ärger und Stress in digitalen Medien. Im Workshop erarbeiten die Schüler:innen Strategien und Tipps rund um Ärger in Klassengruppen, Selbstdarstellung und Sexting, digitale Abhängigkeit und Cybermobbing.
  2. Schulung 2: Digital Handling – Das Smartphone im Griff
    Nur wer seine digitalen Geräte und Dienste unter Kontrolle und abgesichert hat, kommt gut durch den digitalen Alltag. Im Workshop geht es deshalb um Datenschutz und App-Berechtigungen, Nutzungsbedingungen, Smartphone-Sicherheit, Kostenfallen und Digitales Lernen.

Durch die Qualifizierung werden die Teilnehmenden zu Ansprechpartner:innen ihrer Mitschüler:innen und können bei Fragen und Problemen mit Smartphones, Apps und digitalen Diensten Hilfestellungen geben. Sie können das Gelernte in Peer-To-Peer-Projekten an andere Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule multiplizieren, z. B. in Form von Workshops, durch Beratungsangebote oder durch Bereitstellung von Infomaterialien.

Weitere Informationen unter www.handysektor.de/schulung-bw.

Studie "Arbeitsweise sozialer Medien verstehen"

Online-Studie zu sozialen Medien sucht jugendliche Teilnehmer:innen

Wie funktionieren soziale Netzwerke eigentlich? Was wissen Kinder und Jugendliche über soziale Medien? Diesen Fragestellungen geht eine neue Studie mit dem Kurztitel „Die Arbeitsweise sozialer Medien verstehen“ nach. Die Macher der Studie sind derzeit auf der Suche nach freiwilligen Teilnehmer:innen und rufen Eltern dazu auf, ihre Kinder auf die Teilnahme unter www.soziale-medien-verstehen.de aufmerksam zu machen.

Was genau untersucht die Studie?

Kinder und Jugendliche nutzen täglich soziale Medien wie Instagram, YouTube oder TikTok. Doch wissen sie auch, wie die Unternehmen hinter den Online-Angeboten funktionieren? Gibt es Merkmale, die das Wissen über die Strukturen und damit die Bewertung der Angebote beeinflussen? Die Ergebnisse sollen erstmals Erkenntnisse liefern, wie Kinder und Jugendliche soziale Medien wahrnehmen und verstehen. Mit Hilfe der Untersuchung können später zielgerichtete Informations- und Aufklärungsangebote bereitgestellt werden.

Wer kann an der Studie teilnehmen?

Teilnehmen können Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren. Eltern werden dazu aufgerufen, ihre Kinder dazu zu ermutigen an der Online-Umfrage teilzunehmen. Zudem willigen Sorgeberechtigte vorab in die Teilnahme ein. Eltern dürfen die Online-Umfrage auch gerne begleiten, sollen ihrem Kind aber nicht bei der Bearbeitung helfen. Die Teilnahmedauer beträgt ca. 20 Minuten. Die Online-Umfrage ist anonym. Am Ende gibt zudem einige Informationen dazu, wie soziale Medien wirklich funktionieren.

Hier geht es zur Online-Umfrage: www.soziale-medien-verstehen.de

Wer steckt hinter der der Studie?

Durchgeführt wird die Studie von Wissenschaftler:innen der Universität Ulm und dem „Institut of Advanced Sustainability Studies“ in Potsdam. Die Forscher:innen kooperieren dabei mit dem Projekt DiDaT, mecodia sowie der Vodafone Stiftung Deutschland. Fragen zur Studie beantwortet das Forscherteam unter info@soziale-medien-verstehen.de.

Wo findet man weitere Informationen?

Der Flyer zur Studie sowie ein Anschreiben mit weiteren Informationen, das sich an Eltern und Sorgeberechtigte wendet, findet sich unter folgendem Link: https://bit.ly/373lEMK

Studienleitung

Dr. Cornelia Sindermann
Institut für Psychologie und Pädagogik
Universität Ulm
E-Mail: info@soziale-medien-verstehen.de

DiDaT Weißbuch veröffentlicht

Am 2. März 2021 wurde das DiDaT-Weißbuch an den Bundesbeauftragten für Datensicherheit und Informationsfreiheit, Prof. Ulrich Kelber, im Rahmen einer Videokonferenz als Vertreter der Öffentlichkeit übergeben. Es erfolgte auch eine Übergabe an Vertreter:innen der Zivilgesellschaft (u. a. Hanna Gleiß/ Das NETTZ) und an die Wirtschaft, vertreten durch Dr. Claus-Dieter Ulmer (Telekom). Das Projekt DiDaT eröffnet damit eine 10-jährige Nachhaltigkeitsperspektive auf Themen der Verwendung von Digitalen Daten, die exemplarisch anhand unterschiedlicher Vulnerabilitätsräume betrachtet werden.

Das DiDaT-Weißbuch sowie der Band Supplementarische Informationen sind beide im Nomos Verlag elektronisch erschienen. Das DiDaT-Weißbuch ist auch physikalisch erwerbbar. Die Bücher repräsentieren die 24 Sozialen Robusten Orientierungen (SoRO) aus gesellschaftlich relevanten Vulnerabilitätsräumen. Zudem findet sich in der Einleitung des Weißbuches eine Roadmap, welche übergreifend Empfehlungen für Entscheidungsträger liefert.

Der Vulnerabilitätsraum mit der größten Anzahl an Mitwirkenden behandelte das Thema Soziale Medien. Dreh- und Angelpunkt war es, die negativen Auswirkungen sozialer Medien auf das Individuum zu identifizieren und zu beleuchten sowie sozial robuste Orientierungen anzubieten, mit welchen ein direkter Prozess in Politik, Rechtsprechung und Zivilgesellschaft angestoßen werden kann. Darüber hinaus wollen die Autor:innen die Ergebnisse aber auch in Zukunft weiter verfolgen und einen wichtigen Beitrag zum „gesunden“ Umgang mit sozialen Medien leisten. 

Prof. Dr. Roland W. Scholz ist als Wissenschaftlicher Leiter zum Abschluss dieser wichtigen 2-jährigen Phase in erster Linie sehr dankbar: „Ingesamt haben 17 Mitglieder des Steering Boards, 86 Gutachter:innen sowie 64 wissenschaftliche und 73 Autor:innen aus der Praxis an den beiden Bänden mitgewirkt. Erst durch sie alle wurde es möglich, diesen transdisziplinären Prozess so durchzuführen, dass sich besondere Empfehlungen als „robustes Wissen“ überhaupt entfalten konnten.“

Weitere Information zum Projekt DiDaT finden Sie unter https://didat.eu/startseite.html.
Das Weißbuch finden Sie unter https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748924111.pdf?download_full_pdf=1.
Die supplementarischen Informationen sind abrufbar unter https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748912125.pdf?download_full_pdf=1.

Weitere Material-Tipps des OSM-Teams:

Zugang zu den Live-Streams der Foren und zum Materialienbereich – kostenlos und frei zugänglich

Die Aufzeichnungen der einzelnen Foren und ausführliche Materialsammlungen zu den Themen finden Sie im Materialien-Bereich.

Zum Materialien-Bereich

Beteiligte Organisationen:

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Logo Mediennutzungsvertrag
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